Scotland WHW: Kinlochleven - Fort William

Kinlochleven - Fort William 24km

So, nach lecker Frühstück und Gepäckwegorganisation geht es um 8.15h los. 24km liegen vor uns und wir müssen um 17.00h in Fort William sein, weil  dann unser Zug zurück nach Glasgow geht. Nach einem Gespräch mit der Herbergsmutter erfahren wir, dass der Abstieg nach Kinglochleven der schlimmste Teil des ganzen WHW wäre und der schönste jetzt vor uns liegt. Hurra... na dann mal los   :-))

Da das Glück ja bekanntlich mit den Dummen ist, startet unsere letzte Etappe direkt am Hotel, lediglich die Straßenseite müssen wir wechseln


Der Anstieg ist mal wieder mörderisch. Schnell kommen wir ins Schwitzen... doch einmal mehr werden wir durch eine wundervolle Aussicht auf den See  und Kinlochleven belohnt. In der Ferne sieht man den Verlauf des WHW bis zu den Ausläufern von Devil's Staircase.

Weiter geht es bis zur Passhöhe und dann sacht bergab hinein in ein so wunderschönes Tal, dass uns noch jetzt die Worte fehlen. Vorbei geht es an der Farm Tigh-na-sleubhaich und wenig später Farm Lairigmor. Beides nur noch traurige Ruinen.









Begleitet werden wir von lustigen Schafen, schnellen und weniger schnellen Wanderern.
Die Landschaft ist wirklich atemberaubend. Die Berge rechts und links, das hier schon saftigere Grün und dazwischen die Bachläufe... spätestens hier wissen wir, wir sind in Schottland.
Die gesamte Strecke bis Lochan Lunn Da Bora ist einfach nur schön, wir begegnen Vater und Sohn, die diese Strecke mit ihrem Hund laufen, bekannte Gesichter aus Schottland, die wir im Inveroran Hotel kennengelernt haben und sind dann doch ein wenig schockiert, als wir auf ein Gebiet stoßen, in dem wohl das Motto galt: "Ich rode jetzt mal alles was nach Baum aussieht!" Schön ist eindeutig anders und es wird wohl noch lange Zeit dauern, bis hier wieder so etwas wie ein Wald entstanden ist.


Die uns nun schon wohlbekannte Militärstraße verlassen wir und weiter geht es auf einer asphaltierten Autostraße, dann geht es durch Wälder langsam abwärts ins Glen Nevis. Hier begegnet uns ein Wanderer, der uns bittet, ein Foto von uns machen zu dürfen. Sein Motto des Tages lautete, jeden Wanderer, der ihm an diesem Tag über den Weg läuft, zu fotografieren. Okay... dann nimm uns... verschwitzt und fertig wie wir sind... Er sprach uns Mut zu... ihr habt's fast geschafft, ist nicht mehr weit...






Auch der Abstieg runter bis Fort William hat es in sich... man hat das Gefühl, der Weg nimmt gar kein Ende mehr - aber hey, wir haben es geschafft... um 14.30h treffen wir in Fort William ein... und haben eindeutig Bestzeit hingelegt. Wir sind so stolz auf uns und freuen uns wie ein Brötchen!

Am alten Ende des WHW treffen wir dann doch auch glatt auf zwei Wanderer, die wir ganz zu Beginn unserer Reise kennengelernt haben. Schnell noch ein Foto geschossen und dann weiter das neue Ende des WHW suchen. Hier musste Frau dann allerdings streiken... hatte ein bisschen Kreislauf und auch Rücken, Fuß und - ach alles! Sitzen dann so auf einer Bank, im Rücken eine Kirche... plötzlich öffnet sich die Kirchenpforte und heraus kommt ein Dudelsackspieler, gefolgt von einer Hochzeitsgesellschaft - na wenn das mal kein krönender Abschluss einer wundervollen Reise ist!

Auf dem Weg zum offiziellen Ende treffen wir noch einmal auf uns bereits gut bekannte Gesichter und werden mit Ablaus empfangen - Gänsehaut! Yes, wir haben es geschafft, es war nicht so einfach wie wir vermuteten, aber nicht zu schwer, um es noch einmal zu versuchen.

Pünktlich sitzen wir um Zug und genießen die Landschaft, die wir zum großen Teil noch vor einigen Tagen zu Fuß bezwungen haben. 120km und insgesamt ca. 4.000 Höhenmeter - unglaublich, das muss erst noch sacken.
Gegen 22.00h kommen wir in Glasgow an, die Zivilisation hat uns wieder... wir sehen zwar etwas mitgenommen aus, wohl auch der Grund warum die Nachtschwärmer uns son' bisschen schräg anäugen - unser Hotel liegt ja mitten drin... hier sind alle superstylish auf Samstagnacht gepolt und wir dazwischen. Das Alexander Thomson ist dann auch recht fix gefunden... mussten nur 1x fragen:-))

Scotland WHW: Inveroran - Kingshouse Hotel - Kinlochleven


Inveroran - Kingshouse Hotel 16km

Heute waren wir der Early Bird…der Wille die komplette Etappe zu gehen war wirklich noch da und nicht nur ein Hirngespinst  im Whiskyrausch..... mussten noch schnell zurück zum Inveroran Hotel um unser Gepäck für den Transport abzugeben und uns ein Zimmer in Kinlochleven zu reservieren. Dank der netten Hotelcheffin gab es für uns ein Bett im "McDonalds - not the chain - the Hotel"



 Dann ging es los, allerdings ohne Frühstück. Wir futterten Bananen und Müsliriegel und ab dafür. Wir starteten im - ja richtig - Regen…

Es geht Richtung Victoria Bridge, die gute alte Königin Victoria weilte hier gerne zur Jagd… nach dem Deer-Erlebnis der letzten Nacht, musste sie dabei wahrscheinlich nicht mal das Haus verlassen.

Wir gingen am Ostrand eines Waldes entlang und überquerten erneut eine Wasserscheide. Hier lag die Grenze zwischen den Regionen Strathclyde und Highland.  Die nächsten 10km liefen wir mehr oder weniger ungeschützt am Westrand von Ranch Moor. Eine stetige Steigung brachte uns mal wieder gehörig ins Schwitzen. Einen ersten Halt, wir mussten Nahrung zu uns nehmen, machten wir an der Ba Bridge.  Und weiter ging es bergauf vorbei an den Ruinen von Ba Cottage, hüpfenderweise über kleine Bächlein. Haha… hüpfenderweise… nach gefühlten 1000 km ist auch ein vermeintlich leichter Rucksack sauschwer! Frau kämpfte immer noch mit dem Muskelkater und Mann mit den Blasen an den Füßen. Aber… ja richtig: "Der Weg ist das Ziel!"

Die zuvor erkämpfte Steigung hieß es nun wieder bergab zu laufen - oh mein Gott! Haben wir schon erwähnt… es regnete immer noch mal mehr oder weniger. Kinghouse Hotel und somit das Etappenziel war in Sicht und der leere Magen freute sich schon auf eine anständige Mahlzeit. Die Strecke zog sich allerdings dann noch wie Kaugummi.  In der Walkersbar vom Kingshouse Hotel füllten wir dann unseren hängenden Magen. Einige bekannte Gesichter saßen bereits schon beim essen, andere trudelten so nach und nach ein. 






















Nach dem Essen noch ein Käffchen und mit neuer Energie auf zur nächsten Etappe. 






Kingshouse Hotel - Kinlochleven 14km






Devil's Staircase wir kommen... der Weg dorthin führt mal wieder an der A82 entlang.  Wir gehen entlang des Hanges von Beinnn a' Chrulaiste bis nach Altnafeadh. Diese Strecke ist noch einfach zu gehen und unterwegs treffen wir auf einen Wanderer, der uns fragt, wie weit es noch bis zum Kingshouse Hotel wäre. Er war an diesem Morgen in Fort William gestartet und will heute noch bis Inveroran Hotel laufen! Hallo! Er war morgens um 5.00h gestartet und will den WHW in 3 Tagen bewältigen. Okay, Verrückte gibt es immer wieder. Pro Tagesetappe 50km... und jetzt kommst du. Er sah allerdings auch schon etwas mitgenommen aus, freute sich auf ein Pint im Kinghouse Hotel.




 Für uns begann ein teuflischer Anstieg - der WHW schlängelt sich über viele Haarnadelkurven hinauf auf einen Pass in 550 m Höhe. Der höchste Punkt des gesamten Weges. Schritt für Schritt, dann kommen auch die Füße mit. Oh mein Gott!!! Aber auch hier sind immer wieder Wanderer unterwegs, für die diese Strecke ein Spaziergang in der Mittagspause zu sein scheint. Frau beschleicht der Verdacht, dass sie doch schon weit weg ist von Gut und Böse. Egal, wir genießen immer wieder die wunderschöne, ein wenig durch Nieselregen getrübte, Aussicht. Ist das schön hier! 




Wir wissen zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht, dass der Aufstieg ein Witz gegen den bevorstehenden Abstieg sein sollte. Unser Reiseführer sprach von: Der Abstieg vom Pass nach Kinlochleven bietet keine Schwierigkeiten. Gern hätten wir dem Autor in einem 6-Augen-Gespräch persönlich den Marsch geblasen. Man waren wir sackig! Die Aussicht ist atemberaubend, das Wetter war es auch. Gefühlte 10km geht es genauso steil bergab wie vorher bergauf und das auf unserer gut bekannten Militärstraße aus dem 17. Jahrhundert - also Gestein und Geröll... und, ja richtig REGEN in allen Facetten. Bei einer eleganten Bachquerung ist Frau dann auch gleich erstmal auf die Fresse gefallen. Ganz schön rutschig kanns also werden. Nach einer Ewigkeit kommen wir in Kinlochleven an... oh man sind wir froh, heute wieder ein Bett zu haben. 
Finden das McDonald's Hotel auch recht schnell. Die Besitzerin ist, wie eigentlich alle Schotten, die wir bisher getroffen und kennengelernt haben sehr nett und hilfsbereit. Wir lassen den heutigen Tag mit lecker Essen ausklingen Steak, Stew und  Bier. Und wieder fragen wir uns, warum es diese nette Kneipenkultur bei uns in D nicht mehr gibt. Schade! Hundemüde fallen wir ins Bett. Morgen steht unsere letzte Etappe an.





Scotland WHW: Crianlarich - Tyndrum - Bridge of Orchy - Inveroran


Crianlarich - Tyndrum 10,5 km 



Befreit starteten wir also morgens gegen 9.00 Uhr und legten eine erstaunliche Tagesetappe von 24 km hin! Aber der Reihe nach:

Die Abkürzung, die uns wieder auf den West Highland Weg führen sollte, hatte es in sich. Wenn der Schotte von wet ground redet, dann meint er auch wet ground. Gut das wir entsprechend ausgerüstet waren.




Hatte so'n bisschen was von Harzer Landschaft, sehr matschig, außerdem regnete es ja bereits wieder seit Stunden. Der Aufstieg war schon ordentlich - unten trafen wir unsere drei Mädels, oben dann zwei Frauen aus der Schweiz, die im gleichen B&B wie wir genächtigt hatten. Selbige hatten wir bereits beim Frühstück gesehen. Wir sind dann ein Stück lang mehr oder weniger zusammen gelaufen.









Das 1. Teilstück führt durch das Strath Fillan, hier gibt es tatsächlich mal keinerlei Schwierigkeiten und - wohl auch bedingt durch unser nur noch 8-10kg schweres Gepäck - wir fühlten uns vogelfrei :-)) Die Landschaft um uns herum war einfach klasse - zwar störte die A82 doch ein wenig aber im großen und ganzen konnte man sie ganz gut ausblenden. 





Man kommt überquert den River Fillan und kommt an der Kirkton Farm vorbei - hier hat man einen schönen Blick auf die Berge von Crianlarich… so es denn nicht so grau in grau und regnerisch ist wie bei uns… hier haben wir auch die ersten Hochlandrinder gesehen… zotteliezottela… 















An den Farmgebäuden vorbei kommt man zu den Überresten der Kapelle des Heiligen Fillan - selbiger kam im 8. Jahrhundert in diese Gegend und brachte die Bewohner zum christlichen Glauben. Ein ebenso alter Friedhof liegt etwas oberhalb.





Weiter ging es zur Auchtertyre Farm, die ebenfalls so wie die Kirkton Farm eine staatliche Versuchsanstalt ist. Immer wieder muss man die Weidentore öffnen und schließen oder eben überklettern… mittlerweile kein Problem mehr für uns. Große Teilstücke ließen tatsächlich das Gefühl aufkommen, wir befinden uns in Hohegeis und nicht in Schottland. Egal… wir genossen die Einsamkeit.









In Tydrum angekommen goss es immer noch aus allen Eimern. Wir haben uns dann erstmal mit heißer Suppe und Kaffee gestärkt - ja klar, mussten natürlich mal wieder die Klamotten wechseln… so langsam riecht es schon… und nach einer guten Stunde ging es dann weiter.


Tyndrum - Bridge of Orchy  11,2 km

Das nächste Teilstück verlief größtenteils auf einer alten Autostraße, bei der es sich ursprünglich um eine Militärstraße aus dem 17. Jahrhundert handelte. Anfang war diese noch asphaltiert aber schon bald ging sie in eine Art Schotterweg über. 


Der Weg verläuft zunächst an der Westflanke des Bein Odhar… tja und hier passierte es. Frau musste mal aber auch sowas von dringend - es gab kein Halten mehr und sie musste sich - umgeben von neugierigen Blicken umherstehender… nein, nur Schafe :-)) erleichtern. Okay Lilly im Death Valley - Marina in Schottland. Passiert halt. Die Suppe hatte durchschlagende Wirkung.










Autoentsorgung auf Highlander-Art, das Moos wird es schon richten...

Der Regen war auf dieser Etappe
ein ständiger Begleiter


Immer im Blick hat man den mächtigen Beinn Dorain, um dessen Südflanke auch der Weg zum letzten Teilstück verläuft.
























































...irgendwann am Ende der Strecke gelangt man an den Bahnhof von Bridge of Orchy und durch eine Unterführung gelangt man über eine Asphaltstraße an die A82, direkt gegenüber vom Hotel Bridge of Orchy.


















Bridge of Orchy - Inveroran    3,2 km  

Für uns ging es allerdings noch weiter, wir wollten unser heutiges Etappenziel Inveroran Hotel noch erreichen. Also ließen wir das Hotel linker Hand liegen (allerdings ein sehr schöner Zeltplatz, der dort angrenzt, alles ganz neu und sogar mit Sitzgelegenheit und Feuerstelle). Egal wir marschierten, was die Wanderschuhe hergaben und jetzt hieß es wieder mal steil bergauf… schnauf…




Der Berg, den wir hier bestiegen heißt Mam Carraigh - eine wunderschöne Aussicht hat man von hier oben. Inmitten dieser unberührten und gewaltigen Natur sieht man immer wieder kleine Steinhügel, die im Grunde genommen nichts anderes sind als Grabmale, aus einer Zeit, in der es noch keine Geburts- und Sterbeurkunden gab. Die Highlander legten für jeden gefallenen Mann einen Stein nieder und diese Steine türmten sich irgendwann zu Hügel.


Auch heute scheint diese Tradition noch aufrecht erhalten zu werden. An besonderen Stellen so scheint es, werde diese auch heute noch angelegt. Einen dieser Hügel betrachteten wir aus der Nähe. Entsprechend befestigt befand sich dort ein einlaminiertes Fotos eines Jungen, der 2011 im Alter von 20 Jahren gestorben war, auf der Rückseite persönliche Worte der Familie - das musste Frau erstmal verdauen… 



Wenn du inmitten der Highlands stehst, die Nebelfelder an den Bergen runter ziehen, diese Kontraste von saftig grün und dunkelblau der zahlreichen Seen, dazwischen die riesigen Schafherden… dann weißt du, du bist in Schottland. Ein Land voller Gegensätze und zu schön, zu besonders, um es in Worte zu fassen.

Okay, jetzt bin ich wohl etwas abgeschweift… aber es ist nicht übertrieben. 

Schon von Weitem können wir das Inveroran Hotel sehen… der Weg führt vom Gipfel langsam abwärts und es regnet immer noch oder schon wieder, ist jetzt eigentlich auch egal. Der zum Hotel gehörende Zeltplatz liegt ca. 250m weiter Richtung Victoria Bridge. Dort schlagen wir für diese Nacht unser Zelt auf. Total schön gelegen am Allt Tolaghan… zum Glück gibt's noch keine Midges - wie auch, ist ja viel zu kalt. 





Dann ging's zurück in die wirklich urgemütliche Walkers Bar. Hier haben wir dann etliche der uns bereits wohlbekannten Gesichter wiedergetroffen, nett Gespräch geführt und nach einer leckeren Suppe, einige Bierchen und Whiskyproben später unser morgiges Tagesziel besprochen. Ziel war ursprünglich eine 30km Etappe… zugegebenermaßen war die für uns ein wenig aus der greifbaren Nähe gerückt. Aber nachdem alle Anwesenden kund taten, morgen eben genau diese Strecke zu laufen, stand auch für uns fest, okay wir auch.

Leicht angedüselt gingen wir frohlockend Richtung Zelt… und was sehen wir, um unser Zelt herum, auf allen umliegenden Wiesen/Hügeln tummelte sich Deer. Leider in der Dämmerung nicht so richtig gut auf Foto zu bekommen - vielleicht lag's natürlich auch an den vorher zu uns genommenen Getränken… wer weiß das schon.




Die ganze Nacht prasselte der Regen auf unser schickes, rotes Zelt hernieder… und konnte ihm nix anhaben. 

Schottland 2022 25.06. Loch Lomond - Hadrianswall, North Umbrien, England

Ein kleiner Nachtrag von Gestern, wir sind gestern Abend doch noch ein Stückchen des West Highland Way's gelaufen. Die Erinnerung an die...